CHINCHILLA ARSCHLOCH, WASWAS

von Rimini Protokoll / Helgard Haug
Eingeladen zum Berliner Theatertreffen 2020

„Keine Absicht - nur Tourette", schickt Christian Hempel eilig voraus, wenn er sich unter Leuten bewegt. Seine Schimpftiraden und seine motorischen Ausbrüche sind nicht steuerbar. Sie sind Reaktionen auf die Welt, in der er sich bewegt. Das Tourette-Syndrom sucht die Öffentlichkeit, es will Konfrontation und Aufsehen erregen.
Mit Tourette Theater zu machen, scheint auf den ersten Blick unmöglich: Kein Text ist sicher, keine Bewegung wiederholbar. Die Bühnentechnik muss in Sicherheit gebracht, spezielle Hotelzimmer gebucht werden. Was nicht Tourette-kompatibel ist, wird geändert. Und diese Änderungen bilden ein Material, formen irgendwann einen Text, einen Anfang und einen Schluss.
In Chinchilla Arschloch, waswas wird Hempel das erste Mal eine Theaterbühne betreten, zusammen mit dem Musiker und Altenpfleger Benjamin Jürgens und dem Politiker Bijan Kaffenberger. Auch sie haben Tourette. Gemeinsam mit der Musikerin Barbara Morgenstern werden sie das Theater auf die Probe stellen: Wieviel Absichtslosigkeit hält das Theater aus? Wieviel Schutz kann es bieten, ist die Bühne doch für das Gegenteil geschaffen: Präzision, Wiederholbarkeit, Kontrolle, Weltgeschichte, Spektakel? Und nach dem Applaus wird vielleicht klar: Dieses Stück handelt nicht von Tourette. Es handelt vom Publikum, vom Theater und der Angst vor dem Kontrollverlust.

Eine Produktion von Künstlerhaus Mousonturm, Schauspiel Frankfurt und Rimini Apparat. Koproduziert vom Westdeutschen Rundfunk und HAU Hebbel am Ufer Berlin. Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen des Bündnisses internationaler Produktionshäuser, durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain im Rahmen des Schwerpunkts „Erzählung.Macht.Identität“ und durch die Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege im Rahmen der Projektreihe UNLIMITED II zur Förderung exemplarischer Positionen zeitgenössischer Performing Arts.
Gefördert durch die Senatsverwaltung für Kultur und Europa des Landes Berlin.




Für alle Besucher*innen, die mehr Bewegungsfreiheit und Bequemlichkeit brauchen, um der Vorstellung entspannt folgen zu können, stehen extra reservierte Sitzplätze („Komfort-Plätze“) in begrenzter Anzahl pro Vorstellung zur Verfügung. Alle Tics sind willkommen. Bei Fragen zur Zugänglichkeit der Vorstellungen sowie für die Reservierungsanfrage der „Komfort-Plätze“ wenden Sie sich an unser Kartenservice: per Mail kartenservice@volkstheater.at oder telefonisch 01 52 111-400.

Eine Szene enthält einen starken Lichteffekt.

Besetzung
mit 
Christian Hempel
Benjamin Jürgens
Bijan Kaffenberger
Barbara Morgenstern
Stefan Schliephake

Konzept, Text & Regie 
Komposition & Musik 
Barbara Morgenstern
Bühne 
Mascha Mazur
Dramaturgie 
Cornelius Puschke
Technische Leitung & Lichtdesign (Touring) 
Patrick Tucholski
Videodesign Produktion/Touring 
Marc Jungreithmeier
Sounddesign (Touring) 
Torsten Schwarzbach
Regieassistenz (Touring) 
Linn Günther
Produktionsleitung Rimini Protokoll/Touring 
Renée Merkel
Dramaturgie Künstlerhaus Mousonturm 
Anna Wagner
Lichtdesign 
Johannes Richter
Lichtdesign Adaption 
Sebastian Zamponi
Tontechnik 
Thorsten Löchl
Recherche & Künstlerische Mitarbeit 
Meret Kiderlen
Videoassistenz 
Lukas Lenfert
Produktionsleitung Künstlerhaus Mousonturm 
Olivia Ebert
Pressestimmen
„Ein Plädoyer für die unergründlichen Hintergedanken, die auf einmal im Rampenlicht stehen, und irgendwie auch eins für die manchmal notwendigen Störungen der öffentlichen Ordentlichkeit.“ (Bernd Noack, Der Spiegel)

„Helgard Haug schafft Gemeinsamkeit – durch Humor. (…) Empathie ohne Kitsch – das ist das Geschenk, das dieser Abend macht. (…) Nebenbei legt ‚Chinchilla Arschloch‘ all die Konventionen bloß, durch die Theater überhaupt funktioniert. Und es kriegt das kleine Wunder hin, dass man sich durch die Bekanntschaft mit den Expert:innen eines fremden Alltags etwas von ihrer Expertise abschaut. Zunächst Befremdliches wird weniger fremd. Der Mensch in seiner schier unbegreiflichen Vielfalt ein wenig begreiflicher.“ (Lena Schneider, Tagesspiegel)

„Tourette und Theater, wie passt das zusammen? Helgard Haug von Rimini Protokoll ist es gelungen, mit drei Männern ein leichtfüßiges und offenherziges Stück über ihre Zwangsneurose zu konzipieren.“ (Regina Goldlücke, Rheinische Post)

„Der Offenheit, mit der die drei Männer hier aus ihrem Leben erzählen, kann man als Zuschauer wohl kaum anders als Offenheit entgegensetzen. ‚Chinchilla Arschloch, waswas‘ ist keine Freakshow, die ihre Protagonisten ausstellt. Auch wenn an dem Abend oft und viel gelacht wird, wird niemals ausgelacht.“ (Stefan Arndt, Hannoversche Allgemeine Zeitung)

„Toll ist der Abend auch, weil er scheinbar Unsagbares verhandelt: Bedürfnisse nämlich. Jeder*r der Performer*innen legt die Bedingungen dar, unter denen sie oder er bereit war, bei ‚Chinchilla Arschloch, waswas‘ mitzumachen: Auf der Bühne kiffen können beispielsweise, weil das Jürgens mit seinen Tics hilft. Oder die nicht-konzertante GEMA-Abrechnung für Morgensterns Musik. Alle vier wissen sehr genau, was sie brauchen, um auftreten zu können oder auch nur ihren Alltag zu bewältigen. Das Theater von den Bedingungen für eine Teilhabe her zu verhandeln, ist eine feine Utopie." (Esther Boldt, Theater heute)
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 Wien-Premiere 
Do
23.03.2023
19:30
1 Std.
35 Min.
EUR 11,–
bis EUR 52,–
Tickets
 Gastspiel 
Fr
24.03.2023
19:30
1 Std.
35 Min.

EUR 11,–
bis EUR 52,–
Tickets
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