„Kann ich Armeen aus der Erde stampfen? Wächst mir ein Kornfeld in der flachen Hand? Reißt mich in Stücken, reißt das Herz mir aus, und münzet es statt Goldes! Blut hab’ ich für euch, nicht Silber hab’ ich, noch Soldaten!“
Gotteskriegerin, Rebellin, halluzinierende Jugendliche, Nationalheldin: Wer war Jeanne d’Arc? Wer war die junge Frau, der es gelang, einem autoritären System die Stirn zu bieten und eine ganze Gesellschaft mitzureißen? 1412 in eine Bauernfamilie geboren, wird sie dank ihrer Visionen vom späteren König Karl VIII. zur Heerführerin ernannt, gewinnt als glorreiche Kriegerin die längst verloren geglaubte Schlacht, stirbt im Alter von 19 Jahren auf dem Scheiterhaufen. Posthum wird sie zur Heiligen und Märtyrerin verklärt und kann sich seitdem vor lauter Zuschreibungen kaum noch retten.
An dieser unglaublichen, bereits zu Lebzeiten zum Mythos geronnenen Biographie biss sich auch der männliche Literaturkanon (Shakespeare, Schiller, Shaw, Anouilh, Brecht) immer wieder die Zähne aus. 1800 beginnt Friedrich Schiller, den Stoff für das Theater zu bearbeiten. Akribisch sichtet er Gerichtsprotokolle, steht in enger Korrespondenz mit Goethe, und schafft schließlich mit Vollendung von DIE JUNGFRAU VON ORLÉANS das neue Dramengenre der romantischen Tragödie. „Man muss, wie ich bei diesem Stück sehe, sich durch keinen allgemeinen Begriff fesseln, sondern es wagen, die Form neu zu erfinden, und sich den Gattungsbegriff immer beweglich erhalten“, schreibt Schiller über sein Werk und verändert die historischen Fakten so, dass sie für sein Drama passen. Nach Schillers Vorlage schuf Pjotr Tschaikowski 1881 schließlich seine effektvolle Grand Opéra Орлеанская дева über eine Frau zwischen Liebe und Kampf in Zeiten des alles verschlingenden Krieges.
Ganz im Sinne Schillers, sich durch nichts Allgemeines fesseln lassen zu wollen, entwickeln Paul-Georg Dittrich und Hasti Molavian ein Jeanne d’Arc-Projekt für die Dunkelkammer – mit Live-Elektronik und Gesang!
erm. EUR 8,–