DER EINGEBILDETE KRANKE

eine Komödie
von Molière
Übertragen von Wolf Heinrich Graf Baudissin
„Wenn Ihr mich liebt, müsst Ihr alles wollen, was ich will.“

Wir jammern. Es gibt Grund genug. Zwei Menschen, die sich treffen, das Jammern beginnt, kommt ein dritter hinzu, ein Jammer-Terzett, dann ein Quartett, ein Quintett, ein Sextett ... eine laute Sinfonie der Großstadt, die Arie des einzelgängerischen, zivilisierten, modernen Menschen. Und nie kann man eine Krankheit für sich allein haben. Und immer so viel Verantwortung und dann so wenig Dank. Wann kümmert sich endlich mal jemand um mich! Dann also wieder hoch, wieder los, links, rechts, Kniebeuge, Vitamine, frische Luft. – Depressionen? Vorhang auf, Sonne rein! Das wird schon! Oder? Wird Zeit, dass die Zeit sich mal wieder am Riemen reißt.
Der Vorhang geht hoch. Auftritt Argan. Die Inkarnation der Hypochondrie, die Last der ganzen Welt auf den bleichen Schultern tragend. Eine Übertreibung unserer selbst. Eine kathartische Kreatur, die uns an ihren eingebildeten Krankheiten gesunden lässt, einfältig wie wir, ein ideales Opfer für jede Krankenversicherung und die gesamte Arzneimittelindustrie, für jeden raffgierigen Zeitgenossen. Voller Naivität in die totale Verweigerung. Jeder Tag eine Sterbeübung, jeder Tag ein weiterer Schritt zum Glück, für nichts verantwortlich zu sein. Und also: Eine Unterdrückung der Anderen.

„Und das alles bleibt ja unter uns. Wir können auch jeder eine Rolle übernehmen, und uns einer dem andern etwas vorspielen. Alles ist erlaubt. Kommt und helft schnell den Saal herzurichten!“

Der „eingebildete Kranke“ war Regisseur Leander Haußmanns erste große Rolle während des Schauspielstudiums. Molière spielte die Titelrolle in seiner letzten Inszenierung selbst und starb mitten in der vierten Vorstellung. Das Publikum glaubte an einen gelungenen Inszenierungsgag und amüsierte sich prächtig. Liebe, Krankheit, Tod – was macht diese Erzählung über einen drang-salierenden und sich drangsaliert fühlenden Patriarchen über 350 Jahre hinweg zu einer der besten Komödien der Weltliteratur? Wir werden sehen. Lasst uns lachen.
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